BONDING
Unter Bonding versteht man die innere Gefühlsverbindung (Prägung) zwischen Mutter, Vater und Kind. Die Liebe zwischen Eltern und Kind ist eine wichtige Voraussetzung für seine gesunde und positive Entwicklung. Die Mutter - Kind - Beziehung ist die erste intensive Bindung, die ein Säugling in seinem Leben hat und sie ist ein wichtiger Grundstein für alle anderen Beziehungen, die er in seinem weitern Leben aufbauen wird.
Gleich nach der Geburt sind Mutter und Kind besonders bereit für die Bindung aneinander (falls keine Kompliktaionen während der Geburt aufgetreten sind). Mutter und Kind schauen sich in die Augen, sie genießen den engen Hautkontakt wenn das Baby auf dem Bauch der Mutter liegt, die Mutter streichelt Ihr Baby. Auch der Vater kann in diesen Prozeß einbezogen werden. Die Liebe für ein Kind und die innere Bindung stellt sich nicht bei allen Müttern gleich nach der Geburt ein. Es ist ein Prozeß, der durch viele Einflüsse und Erfahrungen geprägt wird.
Die erste sensible Phase des Erstkontaktes (Bonding) nach der Geburt zwischen Eltern und Kind ist von sehr großer Bedeutung. Wenn das Baby nach der Geburt nackt auf den Körper der Mutter gelegt wird, entsteht damit sofortiger Hautkontakt und das Baby kann seinen Weg zur Brust finden, wenn es genügend Zeit und Ruhe zur Verfügung hat. Gedämpftes Licht und eine Decke (oder Wärmelampe) tragen ebenfalls zum Wohlbefinden des Babys bei.
Wenn dem Baby diese Voraussetzungen gegeben werden, wird es sich mit kleinen Bewegungen hinauf zur Brust seiner Mutter robben. Es kann fast eine Stunde dauern, bis das Baby an seinem Ziel angelangt ist. Ausgelöst durch einen angeborenen Reflex sucht das Baby mit dem Mund die Brustwarze, indem es den Kopf hin- und herdreht. Nachdem es die Brustwarze gefunden hat, beginnt es eifrig zu saugen. Danach, etwa 1 - 2 Stunden nach der Geburt, fallen die Babys in einen langen, tiefen und erholsamen Schlaf.
Die übliche Klinikroutine wie Baden, Wiegen, Messen, Anziehen, sollte erst nachdem Mutter und Kind den so wichtigen Hautkontakt genießen konnten, und dach dem ersten Stillen durchgeführt werden. Im Idealfall, also wenn es sich um eine vaginale, spontane Geburt und ein gesundes Kind handelt, sollte diese Möglichkeit Mutter und Kind gegeben werden.
Hat das Baby nach der Geburt im Rahmen des Bondings die Möglichkeit, das erste Mal an der Brust zu trinken, so wird es zu 90% ein richtiges Saugmuster entwickeln. Es wird auf die Brust geprägt. Sein Geruchs- und Geschmackssinn sind auch schon voll ausgebildet.
Wenn der Start allerdings nicht so optimal war wie erwartet, also z.B. bei einem Kaiserschnitt oder anderen Komplikationen, und deshalb kein Bonding möglich war, steht natürlich die Gesundheit von Mutter und Baby im Vordergrund. Sobald die Mutter dazu in der Lage ist, wäre es optimal, wenn Sie ihr Baby bekommen würde, um ein Bonding nachzuholen.
Falls das Baby auf eine andere Station oder in ein anderes Krankenhaus verlegt werden muß und es zur Trennung von Mutter und Kind kommt, sollte man einen Kontakt zwischen Mutter und Kind ermöglichen und der Mutter auch ein Foto von Ihrem Kind geben.
Bonding - Fotos entnommen aus "Stillen"
Marta Guoth-Gumberger, Elizabeth HormannWarum ist das erste Anlegen gleich nach der Geburt so wichtig? TOP
- Der Saugreflex ist nach der Geburt beim Baby besonders intensiv. 20 - 30 Minuten nach der Geburt ist er am stärksten ausgeprägt, unter der Voraussetzung, daß das Baby nicht durch Medikamente schläfrig geworden ist. Wird dieser Moment nicht wahrgenommen, so kann es sein, daß der Saugreflex in den nächsten 1 - 2 Tagen nicht mehr so gut ausgeprägt ist.
- Die Rückbildung der Gebärmutter wird durch frühes Anlegen begünstigt und das Risiko von Blutungen wird gesenkt.
- Das Kolostrum (Vormilch) mit seinen hohen Anteilen an Immunfaktoren ist besonders wichtig für das Neugeborene. Es bietet einen hohen Schutz vor Allergien, fördert die Mekoniumausscheidung (= erster Stuhl des Kindes, auch "Kindspech" aufgrund seiner schwarzen Färbung genannt) und hat unzählige andere Vorteile (siehe "Kolostrum")
- Das Saugen regt die Milchbildung an, die Hormonproduktion wird stimuliert.
- Der erste Hautkontakt ist besonders wichtig, denn die nackte Haut der Mutter ist die erste Kontaktaufnahme für das Baby mit der Außenwelt. Die Mutter erlebt Ihr Kind aktiv und das Baby ist nach der Geburt wach und aufnahmebereit.
Falls es aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, daß Mutter und Kind gleich nach der Geburt beisammen sein können und es gleich nicht gleich gestillt werden kann, so sollte man sich nicht allzuviele Sorgen machen, denn die verlorene erste Zeit kann man auch später noch nachholen. Babys können sich auf verschiedenste Situationen gut einstellen, ohne dabei gleich Schaden zu nehmen.
Literaturhinweis:
- Stillen - Martha Guoth - Gumberger, Elizabeth Hormann
- Das Handbuch für die Stillberatung - La Leche Liga
- Das Handbuch für die stillende Mutter - La Leche Liga
- VELB Ausbildungsunterlagen